Kultureller Austausch zu Karneval
Brasilianische Initiative bei Gastfamilien in der Südstadt
JENS DREISEWERD
SÜDSTADT. Die jungen Brasilianer lachten fröhlich während ihres Auftritts. Weniger als einen Meter vor ihnen saßen die Kinder der Loreley-Grundschule und der Grundschule Zugweg auf einem roten Teppich: Auch sie waren ganz offensichtlich begeistert und verfolgten die Darbietung fasziniert.
An alles mochte man bei dem farbenfrohen und bewegungsintensiven Auftritt der Kinder und Jugendlichen aus der Nähe der ostbrasilianischen Hafenstadt Recife denken, nur nicht an eine lang gepflegte Tradition. Dabei ist genau sie das Fundament dieser Tanzeinlage: "Alles begann vor 15 Jahren", begann Michèle Wolf eine Geschichte zu erzählen, deren Ende noch lange nicht erreicht sein soll. Im Montessori-Kindergarten hatte sich einst die Elterninitiative "Maracatu Colonia" gegründet, die den Kindern spielerisch karnevalistische Musik näher bringen wollte. Doch daraus - und aus der Begeisterung für südamerikanisches Temperament - entwickelte sich schnell ein eigenständiges Projekt. "Karneval, das passt natülich auch zu Brasilien", meinte Wolf. Also fuhr sie mit anderen Eltern und den mittlerweile dem Kindergarten entwachsenen Pänz nach Brasilien, wo sie die Gruppe "Darue Malungo" kennen lernten. "Das ist eine Elterninitiative genau wie wir", erklärte Wolf. Sie bringt Kindern aus Armenvierteln tänzerische Elemente bei und betreut sie bei Hausaufgaben. Seit ihrem ersten Treffen legen die Gruppen regelmäßig die knapp 10 000 Kilometer über den großen Teich zurück.
Diesmal kamen von über 120 "Darue Malungo"-Mitgliedern 16 Tänzerinnen und Tänzer sowie zwei Betreuer in die Südstadt. Während die Südamerikaner vor allem von einer brasilianischen Kunststiftung unterstützt werden, erspielt sich "Maracatu Colonia" finanzielle Unterstützung vor allem durch "Nibelungen"-Auftritte. "Diesmal hatten wir zudem starke Unterstützung von ,Ford", sagte Wolf. Ein portugiesischer Ford-Mitarbeiter begleitete die Jugendlichen in den Zoo, dolmetscht und führt sie nach 17 Tagen Aufenthalt zurück an den Frankfurter Flughafen.
Andrea Willimek, ebenfalls in der Elterninitiative aktiv, hatte die Kinder der Loreley-Schule und der Grundschule Zugweg zu einem Konzert der Brasilianer in die Lutherkirche eingeladen. Allein die vier Trommler im Hintergrund machten mächtig Eindruck und verwandelten die Lutherkirche in einen fantasievollen, rhythmisch bebenden Ort. Dann kamen die Tänzer hinein. Sie führten ihren "Maracatu"-Tanz, eine Unterart des Sambas, geschickt und sicher auf. Die Trommler wirbelten derart mächtig mit ihren Stöcken umher, dass man meinen mochte, noch am nahen Chlodwigplatz müsse der Rhythmus zu spüren sein. Understatement war nicht das Ding der Brasilianer: So präsent, wie sie in der Kirche auftraten, schien es für Augenblicke unvorstellbar, dass dieser Platz eigentlich ein Ort der Stille ist.
Und vielleicht haben sich die Gäste auch ein wenig vom köschen Brauchtum aneignen können. "Wir waren zur Sessionsereffnung auf dem Alter Markt", verriet Wolf. Ein Ereignis, das auch die jungen Brasilianer nicht unberührt ließ: "Die Kinder waren von der Menschenmenge fasziniert." Klingt nach gegenseitiger Ergänzung.
Ein farbenfrohes Bild: Die jungen Brasilianer vor ihrer Aufführung in der Lutherkirche. (Foto: Dreisewerd)
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